Zur (Trans-)Formation des Goldes im sakralen Bildwerk

Anbetung der Heiligen drei Könige aus dem Evangeliar Kaiser Ottos III, um 1012 (Ausschnitt). Tempera und Blattgold auf Pergament, ca. 33,7 x 24,5 cm. München, Bayerische Staatsbibliothek (Cod. lat. 4453, fol. 29)
Während aus der Anwendung des Blattgoldes bereits im frühen Mittelalter eine eigenständige Form wurde, die in der Rezeption als „Goldgrund“ ihre neuzeitliche Gestalt annahm und somit für die Konstellationsbildung einer eigenständigen Bildkategorie verantwortlich ist, bilden sich bereits ab ca. 1300 Substitutionen für den Goldgrund heraus. Sowohl formale wie auch ikonographische Funktionen des Goldes werden transformiert. Ursachen lassen sich im Einfluss frühneuzeitlicher Bild- und Kunsttheorien, wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Lichtverhalten und zur Optik sowie in der liturgischen Praxis finden.

Aus den materialspezifischen Eigenschaften des Goldes im Verhältnis zur Malerei ergibt sich die Notwendigkeit formanalytischer und ikonographischer Untersuchungen. Dabei ist die Annahme einer epistemischen Funktion der Bildkonstellation Voraussetzung für den Erkenntnisgewinn. Mit der Überzeugung, dass jedes Bilderzeugnis nicht nur hinsichtlich seiner Singularität in Bezug auf eine Vielfalt, sondern auch als Bestandteil einer historisch gewordenen Konstellation zu betrachten ist, sollen neue Methoden für den Umgang mit dieser Pluralität an ikonischem Material entwickelt werden.